Pferderatgeber
Das Gestüt - die Heimat der Pferdezüchter und Verkaufspferde
Spezialisten der Pferdezucht
Früher bezeichnete man Gestüte auch als „Stuterei“. Es handelt sich demnach um einen Betrieb, der mit zahlreichen geeigneten Zuchtstuten und einigen wenigen ausgewählten Hengsten die Zucht einer bestimmten Pferderasse betreibt. Aus den Fohlen werden diejenigen zur Weiterzucht selektiert, die das erklärte Zuchtziel am besten erfüllen. Daher trifft man als Besucher auf einem Gestüt in der Regel lediglich eine einzige Pferderasse an, dafür aber Hengste und Stuten jeden Alters.
Begriffsdefinition Gestüt, Landgestüt und Hauptgestüt
Gestüte sind von Definition her landwirtschaftliche Betriebe, die ihren Schwerpunkt auf die Pferdezucht gelegt haben. Ein sogenanntes „wildes Gestüt“ bezeichnet ein Gestüt, in dem Zuchtstuten und –hengste zusammen in der Herde gehalten werden, sodass die Zucht weitestgehend unkontrolliert erfolgt. Dies kann auf ausgedehnten Weiden oder wie im Österreichischen Bundesgestüt Piber auf großen Almwiesen erfolgen. Einige Gestüte werden staatlich betrieben und durch die Bezeichnung „Landgestüt“, „Hauptgestüt“, oder „Haupt- und Landgestüt“ gekennzeichnet, womit es einen besonderen Status erlangt, der nicht nur mit Privilegien sondern auch mit Verpflichtungen verbunden ist. Landgestüte halten vorwiegend Hengste, um privaten Pferdezüchtern den Zugang zu genetisch hochwertigen Hengsten für ihre Zuchtstuten zu ermöglichen. Hierzu werden die Hengste auf Deckstationen im ganzen Land verteilt. Landgestüte sind nicht auf eine bestimmte Pferderasse spezialisiert, sondern bieten ein breites Spektrum von Kaltblütern, Warmblütern, Vollblütern und Kleinpferden an. Da Landgestüte selbst keine Zucht betreiben, bekommen sie von den Hauptgestüten die besten Tiere zur Weiterzucht zur Verfügung gestellt. Betreibt ein staatlich geführtes Gestüt sowohl die Zucht und stellt weiterhin die Hengste Privatzüchtern zum Beschälen zur Verfügung, dann erhält es die Bezeichnung „Haupt- und Landgestüt“. Privat oder gewerblich betriebene Gestüte haben üblicherweise das Ziel, überragende Pferde für den Sport zu züchten.
Aufzuchtbedingungen
Die meisten Gestüte haben verglichen mit Reiterhöfen und Pferdepensionsbetrieben deutlich mehr Weidefläche und weniger Pferdeboxen im Verhältnis zur Anzahl der beherbergten Pferde. Fohlen lernen zusammen mit ihren Müttern die weitläufigen Weiden und das Sozialverhalten mit Artgenossen kennen. Nur so können sich die Zöglinge optimal entwickeln und der Zuchterfolg beurteilt werden. Außerdem werden Muskeln, Sehnen, Gelenke und Knochen der Fohlen und Jungpferde durch die viele Bewegung auf den späteren Einsatz als Sportpferd vorbereitet.
Körung von Hengsten
Neben dem Hauptziel, selbst ein überragendes Pferd zu züchten, ist der Verkauf von guten Sportpferden eine lukrative Einnahmequelle für die Gestüte. Daher wird laufend selektiert, welche Pferde zur Weiterzucht verwendet und welche von der Weiterzucht ausgeschlossen werden. Bei Körungen werden die zur Weiterzucht ausgewählten Hengste vorgeführt und beurteilt. Hierzu sind nur Hengste mit einem einwandfreien und mehrere Generationen zurückreichenden Stammbaum zugelassen. Die Vorfahren dürfen keine vererbbaren gesundheitlichen oder körperlichen Einschränkungen aufweisen. Bei der Körung wird das Exterieur, die Bewegungen und teilweise auch ein kurzes Freispringen beurteilt. Das Bestehen der Körung ist nur der erste Schritt zur Eintragung im Hengstbuch der Rassezucht.
Hengstleistungsprüfung
Nach erfolgreicher Körung müssen entweder entsprechende Turniererfolge oder eine Hengstleistungsprüfung abgelegt werden. Die Prüfung stellt Springvermögen, Rittigkeit und Bewegungen, sowie das Interieur des Anwärters auf den Prüfstand. Der Test umfasst insgesamt 100 Tage, von denen 30 ein Veranlagungstest und 70 ein Leistungstest sind. Der erfolgreiche Abschluss berechtigt zum Eintrag in das Hengstbuch.
Traditionelles Gestüt zum Erhalt von Traditionen
Einige Länder unterhalten Gestüte zur Pflege von Brauchtum und Tradition. So hat sich beispielsweise das Schweizer Nationalgestüt SNG den Erhalt des Freibergers, der letzten leichten Kaltblutrasse in Westeuropa, zum Ziel gesetzt. Das Bundesgestüt Piber in Österreich züchtet geeignete Pferde für die Hofreitschule in Wien. Weitaus bekannter ist das Lippizanergestüt in Slowenien. Beide Gestüte verbindet das Ziel, der Spanischen Hofreitschule Nachwuchspferde zu liefern. Durch den Austausch von Zuchtpferden unter allen Lippizanergestüten kann Inzucht effektiv vermieden werden ohne andere Pferderassen einkreuzen zu müssen.
Bekannte Gestüte in Deutschland und Europa
Das Kloster Einsiedeln in der Schweiz betreibt heute noch seinen Marstall, nunmehr seit über 900 Jahren. Weitere Gestüte mit jahrhundertelanger Tradition befinden sich in Osteuropa, wie das Nationalgestüt Kladruby nad Labem in Tschechien und das Gestüt Báblona in Ungarn. Bekannte deutsche Landgestüte gibt es in Zweibrücken, Celle, Warendorf, Moritzburg, Dillenburg, Prussendorf und Redefin. In Bayern, Brandenburg und Baden-Württemberg werden Haupt- und Landgestüte unterhalten.
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