Pferderatgeber
Kleber, wenn unsichere Pferde die Nähe der Artgenossen suchen
Pferde sind Herdentiere und fühlen sich in einer Gruppe mit mehreren Pferden meist wohler, als alleine. Dies ist ursprünglich damit zu erklären, dass das Pferd als Beutetier bessere Überlebenschancen hatte, wenn es sich in einer Herde aufhielt. Die Sozialstrukturen in der Gruppe regeln das Zusammenleben. Ein Pferd, das sich seiner Herde zu stark verbunden fühlt, kann problematisch beim Reiten sein, es „klebt“ an der Herde.
Begriffsdefinition an der Herde klebende Pferde
Pferde, die an ihrer Herde oder einem Artgenossen kleben, werden unsicher sobald sie sich zu weit von der Gruppe entfernen sollen oder sie alleine zurückgelassen werden. Solche Pferde haben es entweder nicht gelernt, ihrem Menschen genügend Vertrauen und Respekt entgegen zu bringen, um seine Führung anstelle der Herde zu akzeptieren. Oder sie haben es generell nicht gelernt, die Trennung von einem Sozialpartner zu ertragen. Dies tritt häufig bei Pferden auf, die lange Zeit ständig zu zweit und isoliert von anderen Pferden gelebt haben.
Verhaltensbeschreibung
Das Kleben an der Herde ist aus zwei Gründen problematisch. Einerseits zeigt das betroffene Pferd permanent eine Tendenz in Richtung der zurückgelassenen Sozialpartner. Dies kann von leichter Unruhe mit tänzeln, sich umschauen und wiehern in Stallnähe bis hin zu ausgeprägter Aufregung, Abwehrreaktionen wie Bocken und Steigen bis hin zum Durchgehen reichen. Andererseits sucht es ständig nach einem Artgenossen, dem es sich anschließen kann. Vor allem in der Reitbahn unterschreiten klebende Pferde häufig die Individualdistanz zu anderen Pferden, die als Reaktion hierauf auskeilen könnten.
Psychische Ursachen für an der Herde klebende Pferde
Die Ursache für an der Herde klebende Pferde ist fast ausschließlich im mentalen Bereich zu finden. In vielen Fällen ist eine erhöhte Ängstlichkeit verantwortlich dafür, dass manche Pferde den Schutz durch ihre Herde suchen. Diese Ängstlichkeit kann sich auch durch fehlende Führung durch Reiter allmählich entwickeln. Unsachgemäßer Umgang mit dem Pferd führt zu Vertrauensverlust und kann ebenfalls Ängstlichkeit zur Folge haben. In weitaus weniger Fällen entwickeln dominante und ranghohe Pferde dieses Problemverhalten. Sie nehmen in ihrer Herde eine führende Position ein, sodass es ihnen schwer fällt sich der Führung ihres Menschen anzuschließen. Mangelnder Respekt Menschen gegenüber und ein hohes Verantwortungsgefühl für ihre Herde führen dann dazu, dass sich das Pferd nur schwer von der Herde lösen kann und ständig darauf drängt zu ihr zurück zu kehren.
Physische Ursachen für an der Herde klebende Pferde
Ängstlichkeit und ausgeprägte Dominanz können vererbt werden. Darüber hinaus hat auch das Exterieur eines Pferdes Einfluss auf seine mentale Verfassung. Ein korrektes und wohl proportioniertes Exterieur, gut entwickelte Fähigkeiten wie Geschicklichkeit und Gleichgewicht, stärken das Selbstbewusstsein eines Pferdes. Ein schwaches Exterieur mit ungünstigen Proportionen hingegen und zudem einem schlechten Trainingszustand schwächt die Konstitution eines Pferdes und damit auch seine Stellung in der Herdenhierarchie. Ängstliche Pferde können demzufolge durch Training in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, sodass die Schutzfunktion der Herde für sie weniger wichtig wird. Dominante Pferde lernen im Training den Respekt und das Vertrauen zum Menschen, sodass auch bei ihnen eine vermehrte Orientierung von der Herde weg und zum Menschen hin beobachtet werden kann. Ist ein Pferd verletzungsbedingt nicht in der Lage schnell genug auszuweichen, wenn ein ranghöheres Tier seinen Weg kreuzt, dann kann bereits dieser Umstand Ängstlichkeit hervorrufen oder verstärken.
Ausbildungsfehler als Ursache
Schon das Fohlen lernt von seiner Mutter, wie die Hierarchien in einer Herde funktionieren. Das Fohlen einer rangniedrigen Stute wird folglich ebenso eine niedrige Position einnehmen, während das Fohlen einer ranghohen Stute alleine durch das Aufwachsen in einem gut bewachten und verteidigten Umfeld mehr Selbstvertrauen entwickeln kann. Es wird später ebenfalls eine ranghohe Position einnehmen. In der Aufzucht werden schon die Weichen für das spätere Leben gestellt. Zeichnen sich Probleme ab, sollte bereits hier regulierend eingegriffen werden.
Maßnahmen zur Verhaltenskorrektur
Um das Kleben an der Herde zu korrigieren, gilt es die Bindung zum Menschen zu stärken und zugleich die Bindung zur Herde zu reduzieren. Hierzu darf das Pferd nicht permanent separiert werden, denn die Möglichkeit täglich Sozialkontakt zu pflegen gehört zur artgerechten Pferdehaltung. Vielmehr sollte das Pferd so oft wie möglich für kurze Zeit und kleine Distanzen von der Gruppe getrennt werden. Während dieser Zeit kann es beispielsweise bei der Bodenarbeit Respekt und Vertrauen zu seinem Menschen aufbauen, sodass es sich schließlich dessen Führung anschließen kann und sich bei ihm in Sicherheit fühlt. Um dies bei einem Pferd zu erreichen, sollten Sie eine äußere wie auch innere Gelassenheit ausstrahlen. Mit Druck und Zwang ist hier wenig zu erreichen, sondern Einfühlungsvermögen und Konsequenz sind hier die Schlüssel zum Erfolg.
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