Pferderatgeber
Was tun bei ängstlichen oder frechen Pferden?
Wenn ein Pferd unerwünschte Verhaltensweisen entwickelt, die seine Nutzung oder seine Gesundheit beeinträchtigen, dann spricht man von Problempferden. Die schädlichen Verhaltensweisen stellen nicht nur einen Nachteil für die Nutzung des Pferdes dar, sondern auch eine erhebliche Wertminderung, was vor allem bei Sportpferden von großem Interesse ist. Die wenigsten Problemverhalten gehen auf eine genetische Veranlagung zurück, meistens stecken eine nicht artgerechte Haltung, sowie Fehler in Ausbildung oder Umgang mit dem Pferd dahinter.
Begriffsdefinition Problempferde
Ein Verhalten wird zum Problem, wenn es eine Verhaltensweise an den Tag legt, die Gesundheit und Wohlergehen des Pferdes selbst oder anderer Beteiligter gefährdet. Nicht das Pferd selbst ist das Problem, sondern die Verhaltensweise, die sehr häufig durch Umwelteinflüsse hervorgerufen wird. Die wenigsten dieser Verhaltensweisen können durch einen Beritt verbessert werden. Da in den meisten Fällen der Mensch selbst oder die Haltungsbedingungen die Entstehung des Problemverhaltens begünstigt hat, kann es durch einen korrigierenden Beritt kaum ausgemerzt werden. Vielmehr müssen die Bezugsperson geschult werden, sich den Bedürfnissen ihres Pferdes besser anzupassen.
Problemverhalten beim Reiten
Typische Problemverhalten unter dem Sattel sind das Bocken, das Auskeilen gegen andere Pferde in der Reitbahn, das Zappeln beim Aufsteigen und das Durchgehen. Auch Faulheit kann zum Problem werden, ist aber bezüglich der Gefährdung von Menschen und anderen Pferden am unteren Ende der Bewertungsskala einzuordnen. Je nach Verwendungszweck ist das Kleben an der Herde eine problematische oder eine erwünschte Verhaltensweise. Um in großen Gruppen mit ständig wechselnden Reitern gewerblich Ausritte durchzuführen, ist eine Herde mit gutem Gruppenzusammenhalt von Vorteil. Wer bevorzugt alleine lange Ausritte ins Gelände unternimmt, wird mit dem klebenden Pferd große Mühe haben.
Problemverhalten Menschen gegenüber
Rempeln und Aggressivität sind zwei Verhaltensweisen, die auf eine unstimmige Beziehung zum Menschen schließen lassen. Vor allem Reitanfänger interpretieren Verhalten manchmal falsch und lassen ihrem Pferd kleinere Übergriffe durchgehen. Scheuert ein Pferd seinen Kopf am Rücken des Menschen, dann ist dies kein Zeichen von Zuneigung, sondern eine Geste der Respektlosigkeit. In der Herde scheuern sich ranghohe Tiere an rangniedrigeren Tieren, aber niemals umgekehrt.
Problemverhalten mit Artgenossen
Nicht ausreichend sozialisierte Pferde haben Mühe, die Signale der anderen Pferde richtig zu deuten und senden selbst die falschen Kommunikationssignale. Durch die Fehlinterpretation kommt es zu häufigen Missverständnissen und somit Auseinandersetzungen. In Folge dessen entwickeln manche Pferde eine Scheu vor Artgenossen oder werden aggressiv ihnen gegenüber. Ein reibungsarmes Herdengefüge mit funktionierender Rangordnung kann sich nur dann entwickeln, wenn die Pferde ohne zu häufige Missverständnisse miteinander kommunizieren können. Es gibt Pferde, die sich mit Artgenossen nicht vertragen und dies auch nicht mehr lernen können oder wollen.
Problemverhalten im Stall
Aus dem Stress heraus, nicht artgerechter Haltung, zu wenig Bewegung oder falscher Fütterung können sich Problemverhalten wie beispielsweise Koppen, Weben, Gegen die Boxenwand treten, stereotypes Kreislaufen oder unkontrolliertes Fressen entwickeln. Diese Problemverhalten stellen eine ernsthafte Gefährdung für die Gesundheit dar und kann zu Koliken, Schädigung des Bewegungsapparates und Verletzungen führen. Die reine Boxenhaltung mit nur wenig Abwechslung fördert die Entwicklung von Problemverhalten im Stall. In der Offenstallhaltung hingegen bessern sich Problemverhalten schnell.
Korrektur von Problemverhalten
Nahezu jedes Problemverhalten kann mit der Wiederherstellung einer artgerechten Haltung mit genügend Sozialkontakt, viel Bewegungsmöglichkeit, einer geeigneten Fütterung und einem sorgfältig durchdachten Ausbildungskonzept ausgemerzt werden. Bei ausgeprägten Problemverhalten kann es helfen, ein Pferd für eine Weile zur Regeneration auf die Weide zu stellen und nach einem Zeitraum von etwa einem halben bis zu einem Jahr die Ausbildung von vorne zu beginnen. Beim Jungpferd ist nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn im Wachstum. Fehlverknüpfungen, die durch Ausbildungsfehler geschaffen wurden, können wieder vollständig verschwinden, wenn das betroffene Pferd eine großzügige Auszeit erhält. Über Zwang, Druck und Verwendung immer neuer Hilfsmittel wird hingegen ein gegenteiliger Effekt erzielt. Jedes Mal, wenn das Problemverhalten auftritt, festigt sich die Fehlverknüpfung. Die Korrektur von Problemverhalten sollte daher immer darauf abzielen, das Auftreten des unerwünschten Verhaltens durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Das weit verbreitete „Durchsetzen“ beim Auftreten des Problemverhaltens hingegen ist dem Auslöschen des Verhaltens nur wenig zuträglich.
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