Pferderatgeber
Das Anreiten junger Pferde – Vom Pferd zum Reitpferd
Das Anreiten ist eine entscheidende Phase im Leben eines Reitpferdes. Im Normalfall werden Pferde erst dann angeritten, wenn ihr körperliches Wachstum abgeschlossen ist, also zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr. Fehler beim Anreiten können gravierende Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Pferdes haben. Daher gilt es äußerste Sorgfalt walten zu lassen und das junge Pferd mit Vorsicht und Respekt behutsam anzureiten.
Begriffsdefinition Anreiten
Als Anreiten bezeichnet man die Gewöhnung eines Pferdes an das Reitergewicht. Die Augen des Pferdes sind seitlich am Kopf positioniert, sodass es einen Rundumblick hat, mit Ausnahme seines Rückens und weiter dahinter befindlichen Dingen. Neben dem Reitergewicht lernt das Pferd beim Anreiten auf taktile und akustische Signale des Reiters zu achten, obwohl es ihn nicht sehen kann. Vor dem Anreiten sind einige Vorbereitungen sinnvoll, damit das Anreiten selbst möglichst problemlos und ohne große Aufregung seitens des Pferdes geschehen kann.
Der richtige Zeitpunkt für das Anreiten
Von Rennpferden einmal abgesehen ist es üblich, ein Pferd erst dann anzureiten, wenn sein Wachstum weitestgehend abgeschlossen ist. Vor diesem Zeitpunkt sind die Bestandteile des Bewegungsapparates noch nicht gefestigt, sodass Sehnen, Bänder, Gelenke und Knochen Schaden nehmen könnten, wenn sie zu früh einer so großen Belastung ausgesetzt werden. Außerdem benötigt das Pferd eine gewisse Zeit, um sein eigenes Gleichgewicht zu finden, was eine Grundvoraussetzung ist, um sich auch mit Reiter ausbalancieren zu können. Neben der körperlichen Reife ist auch die mentale Reife ein Aspekt, der den Zeitpunkt für das Anreiten bestimmt. Das Umschalten von visuellen Hilfen durch die Bezugsperson am Boden auf taktile und akustische Hilfen vom Reiter auf dem Rücken ist ein aufwändiger Lernprozess, der ein zu junges Pferd überfordern könnte.
Vorbereitung für das Anreiten junger Pferde
Ist es aufgrund von andauerndem Wachstum, mangelnder mentaler Reife oder schlecht ausgebildeter Körperkoordination und Gleichgewicht noch nicht an der Zeit, mit dem Anreiten zu beginnen, sollte die Zwischenzeit zur Vorbereitung genutzt werden. Schon das Fohlen lernt Halfterführigkeit, Hufe geben, Hufpflege, Stillstehen beim Putzen und das Weichen auf taktile Signale. Beim Jungpferd stehen als nächstes Spaziergänge im Gelände gemeinsam mit einem erfahrenen, ruhigen Pferd und die Gewöhnung an die zum Reiten benötigte Ausrüstung auf dem Plan. Gamaschen, Stalldecken und Longiergurt lehren dem Pferd, ihm unbekannte Gegenstände an seinem Körper zu tolerieren. Die Gewöhnung an den Sattel erfolgt in möglichst kleinen Schritten zunächst nur mit der leichten Satteldecke, dann mit nur kurz aufgelegtem Sattel, als nächstes mit locker angezogenem Sattelgurt und allmählich immer ein wenig fester angezogenem Sattelgurt, bis schließlich auch herabhängende und baumelnde Steigbügel das junge Pferd nicht mehr aus der Ruhe bringen. Schließlich wird auch die Trense angewöhnt und in voller Montur an der Hand gearbeitet. Gelingt auch diese Übung problemlos in verschiedenen Situationen, dann sind die Bedingungen für ein stressarmes Anreiten erfüllt.
Sicherheitsmaßnahmen für das Anreiten junger Pferde
Selbstverständlich trägt der Reiter beim Anreiten des jungen Pferdes einen Helm, festes Schuhwerk um die Knöchel zu schützen und Handschuhe. Eine zweite Person, die das Pferd vom Boden aus beruhigen kann, ist sinnvoll. Für das Anreiten wird eine gewohnte Umgebung gewählt, die einen möglichst sicheren Rahmen bietet. Eine Reithalle ohne Sprünge und Cavaletti mit geschlossenem Tor wäre eine gute Umgebung für die ersten Versuche. Ein zweites ruhiges Pferd kann zur Hilfe genommen werden.
Die ersten Schritte beim Anreiten
Gesattelt und aufgetrenst, sowie mit einem Beinschutz versehen, wird das junge Pferd zunächst nochmals mit der gewählten Umgebung vertraut gemacht, bevor es dann an einer günstigen Stelle positioniert wird. Mit einer Aufsteighilfe beginnt der Reiter den Pferderücken mit Gewicht zu belasten, zunächst noch ohne den Steigbügel zu verwenden. Toleriert das junge Pferd das Reitergewicht ohne unruhig zu werden, wird es mit einer Pause belohnt. Behutsam wird die Dauer der Belastung gesteigert und schließlich steigt der Reiter mit der Aufsteighilfe und ohne Zuhilfenahme der Steigbügel auf. Dabei gleitet er sanft in den Sattel. In kleinen Schritten werden im weiteren Verlauf die Hilfen aufgebaut: Schenkelhilfen, Gewichtshilfen und Zügelhilfen. Werden die Schritte so klein gewählt, dass es zu keinem Zwischenfall kommt, dann ist dies das richtige Lerntempo.
Gefahren beim Anreiten junger Pferde
Zu schnelles Vorgehen, anreiten mit Zwang und Druck, unpassende Ausrüstung oder schlichtweg eine unvorhergesehene Situation können aus dem sanften Anreiten kurzerhand ein Rodeo machen. Wenn das Pferd versucht seinen Reiter durch Steigen und Buckeln abzuwerfen, wird es gefährlich für Reiter und Pferd. In engen Wendungen kann sich das Pferd mit dem zusätzlichen Reitergewicht noch nicht ausbalancieren und droht zu stürzen. Auch das abrupte Abbremsen vor der Reithallenbande stellt eine Gefahr dar, genauso wie herumliegende Gegenstände oder andere Pferde in der Reitbahn.
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